dem konstruktivismus gerade noch entwischt

Kurz vor dem völligen Aus, 2009, Collage

es fing vor ein paar jahren an. ich hatte eine knetkrise. einen knetburnout. und bei burnout hilft nichtstun aber weil mir das nichts viel schwerer fällt als das scheissegal-was setzte ich mich hin und zerschnibbelte zeitschriften. ob das irgendwas brachte, kann ich nicht sagen, jedenfalls kein ergebnis. ich kam über das blosse schneiden nicht hinaus. es liess sich einfach nichts daraus entwickeln, was nicht ausgesehen hätte wie diese neokonstruktivistische mainstreamkunst die man jetzt überall sieht.

ich schnitt also weiter alles mögliche aus, irgendwann würde mir sicher einfallen, wozu. anfangs noch irgendwelche glänzenden flächen, strukturen, geometrischer, halbabstrakter kram, den man wunderbar zu diesem verkehrsinsel-bauhaus hätte zusammensetzen können, der gerade so gut läuft. doch so sehr ich mich auch quälte, ich bekam keine glaubwürdige ausrede zustande, wieso ich mich vom figürlichen plötzlich dem formalismus zuwenden sollte. so tief ich auch gesunken sein mag aber sollte meine kunst plötzlich wie isa genzken aussehen (die ich übrigens sehr verehre) und mir das selber nicht auffallen bitte ich, mir bescheid zu geben.

es folgte eine kurze phase während der ich dazu über ging, alle meine alten art-hefte zu zerschnibbeln (lässt sich aus ackermann, majerus oder markus oelen vielleicht noch was machen?) und als sich dies ebenfalls als sackgasse erwies versuchte ich es mit möbel- und teppichkatalogen. wieder nichts.
man muss dazu sagen, dass ich die vielen hundert teppiche, sessel, schrankwände und betten nichtmal probeweise irgendwo aufklebte. dafür waren sie mir tatsächlich zu schade. was ich schliesslich aufklebte waren leute. ich hatte bisher nie leute ausgeschnitten, immer bloss stillebentaugliche dinge. irgendwann bekam ich jedoch ein bild von victoria beckham zu fassen, befand es für ausreichend leblos und klebte es auf.

damit begann der anstrengende teil. ich hatte zwar endlich gefunden, was ich aufkleben wollte, aber das auffinden der „richtigen“ figuren mit dem richtigen ausdruck, dem richtigen kleid bis hin zur richtigen papierbeschaffenheit, sich dafür durch hunderte von yellow-press-illustrierten zu ackern, tagelang über gummischlauchlippen und -titten zu brüten um die passende figur für ein bestimmtes raumbild zu finden, das ist ein langer weg.

was ich am kunstmachen übrigens schätze sind nicht die langen wege, aber die tatsache dass man sie macht obwohl man nie so ganz weiss wieso.