1) ich laufe zuhause oft nur mit einem socken herum oder einem hausschuh.
2) ich habe seit meiner kindheit auf der linken hand einen leberfleck an dem ich erkennen kann, wo links ist.
vor kurzem habe ich begonnen, es auswendig zu lernen, denn der leberfleck wird blasser.
3) wenn mich fremde fragen, was ich beruflich mache, ist es mir immer noch peinlich, zu antworten. und mit jeder daraus resultierenden, neuen frage steigt der peinlichkeitspegel weiter. bis heute habe ich immer noch keinen wirksamen trick entwickelt, solcherlei gespräche zu verhindern oder schnell zu beenden.
4) im grunde meines herzens bin ich malerin.
5) ich hasse es, jedwede küchenarbeit zu verrichten. lieber putze ich das klo. bei uns kocht ausschliesslich mein mann.
6) ich habe mehrere kartons voller tagebücher und kann mich nicht entscheiden, ob ich es darauf ankommen lassen soll, dass mich noch irgendwer rechtzeitig vorwarnt, oder, falls ich doch unerwartet sterbe, jetzt schon alle verbrennen soll.
7) ich bin sehr faul und gleichzeitig diszipliniert. ich kann mich manchmal mehrere jahre lang nicht überwinden, anzufangen, zu arbeiten. wenn ich dann endlich anfange arbeite ich doppelt so schnell wie andere künstler. ich vermeide es zu erzählen, wie lange ich an einer arbeit sitze, um nicht den eindruck zu erwecken, ich hätte einen stundenlohn im 4-stelligen bereich.
8) ich habe einen eher mainstreamigen musikgeschmack. viele meiner engenen freunde sind musiker, DJs, plattenhändler oder einfach musiknerds, die in ihrer wohnung ein extra-zimmer für platten haben. komischerweise hat ihr expertenwissen nie merkbar auf mich abgefärbt.
als teenager hatte ich freunde, die the fall hörten oder the smiths – während ich cliff richard hörte. mit anfang 30 entdeckte ich depeche mode.
mein atelier wurde „das radio-atelier“ genannt weil immer radio lief, und zwar keine coolen indie-sender sondern peinliche charts-scheisse zum mitsingen.
9) mit 15 war ich norddeutsche meisterin in lateinamerikanischen tänzen in der E-klasse junioren.
10) wenn es nach mir ginge würde mein sohn nicht künstler werden sondern anwalt oder arzt.
11) ich halte mich für eine ziemliche propellermutter.
12) ich war als kind schüchtern und halte mich immer noch dafür.
13) ich muss würgen wenn meine zunge mit butter oder margarine in berührung kommt und ich muss bei anlässen, wo „schnittchen“ oder belegte brote gereicht werden, leider hungern. ich verstehe auch den sinn nicht wieso man lecker fluffiges brot mit einer glitschigen kalten fettschicht versieht.
14) als kind wurde ich wegen meiner breiten nase gehänselt. das ging bis in die zehnte klasse. meine mutter war der meinung, es läge an mir, weil ich mich absichtlich „hässlich machen“ würde. als teenager hatte ich eine weile die idee, dass ich mich operieren lassen könnte, meine mutter unterstützte dieses vorhaben. wir hatten bereits einen OP termin, den ich kurz darauf wieder abgesagte weil mein damals erster freund meinte, ich solle lieber anfangen schopenhauer zu lesen statt mich mit solchem quatsch zu beschäftigen.
später sagte mein vater mir, dass er es schade finde, dass ich die OP nicht habe machen lassen.
15) meine psychoanalytikerin fand es immer erstaunlich, dass ich nicht komplett verrückt geworden sei. mein mann findet, das stimme nicht, ich sei doch komplett verrückt.
16) wenn ich nicht künstlerin geworden wäre wäre ich psychologin geworden. ich war als teenager in freistunden oft in der schulbücherei und hab dort alle alice miller bücher gelesen.
außerdem glaube ich ein spätes schauspielerisches talent entdeckt zu haben aber mein mann meint, ich könne nur eine rolle.
17) ich habe mal bei parship mitgemacht, nur um das buch mit der charakterauswertung zu bekommen. mir wurde genau ein mann zugeteilt. heute sind wir beide verheiratet aber nicht miteinander.
meine herausragendste charaktereigenschaft ist übrigens laut parship-berechnung durchsetzungsvermögen.
18) mein mann nennt mich speckwürfel.
19) ich halte mich nicht für eine tüpische künstlerin: ich mache ausser kunst noch andere sachen, interessiere mich für andere sachen und finde den kunstmarkt und kunstbetrieb dermassen menschenfeindlich dass meine ausflüge in die szene mittlerweile fast seltener vorkommen als zoobesuche.
20) das beste, was ich bisher im leben gemacht habe, waren (in chronlogischer reihenfolge): künstlerin werden, mutter werden und meinen mann anzubaggern.
Was soll den bitte an deiner Nase nicht in Ordnung sein?
ich habe meine Tagebücher weggeschmissen, bei einem umzug unter dem Motto “Les ich doch eh nicht”, und ich sag dir, ich bereue es tierisch. es ist als ob man sich selbst die erinnerungen geklaut hat, weil man kann nicht mehr zurückblättern…. ALSO MACHS NICH! Lass sie in der Kiste, auch wenn du sie nie anschaust, Ich vermisse meine Erinnerungen irgendwie….. DAT WAR DIE VORWARNUNG
Ich hatte übrigens auf dem rechten Handrücken ein Muttermal, bis ich acht war, dann hatte ich auf beiden eins. Das rechts ist mit Anfang 20 verschwunden. Aber ich hatte ja zur Kommunion eine Uhr geschenkt bekommen…
In so einer Aufzählung darf mein Sermon natürlich nicht fehlen, muß mich umständlich einreihen, mich kreuzverquer, auch noch entlegen, doof aus der Ferne, dazuaddieren. Ich finde jedenfalls alle Deine Bekenntnisse großartig, mutig. Bin extra bis drei Uhr morgens aufgeblieben um das lesen zu können. Habe zwar mit 15, wo es allmählich Zeit wird, aufgehört Depeche Mode zu hören, um mich aussagekräftiger Musik zuzuwenden – dennoch ist es Weibern bitteschön nicht nachzuhalten, daß sie ein 10-Sekunden-Ei nicht aufschlagen, kaum zubereiten können, sondern ist im Gegenteil ihre Finesse, ihre Kunstfertigkeit, bei aller Lebensunfähigkeit so großartig und unverstellt zu sein, wie verdammt meine imaginäre Freundin Katia Kelm es ist, die mich nicht antelefonieren will, weil ich nicht in ihrer Scheißstadt lebe, sondern in meiner doofen. So Sachen passieren manchmal. Ich bin gar nicht verzweifelt, denn immerhin kann ich die ganze übrige Zeit bei mir selbst sein, brauch’ nicht ans Telefon und kann an manchen Tagen solch kostbare Einblicke haben, die mich verzücken und mich von Nasenbreiten keineswegs irritieren lassen. Bin jedenfalls höllenfroh, daß es echte Menschen da draußen in der Hochglanzwelt noch gibt, die über den Käse einfach weiterblättern. Egal wie breit die Nasen in Wirklichkeit sind. Oder das eingebildete Kulturangebot. Oder die eingebildete Welt oder die Idee von Zivilisation. Oder das Internet.
In aller Bescheidenheit ziehe ich mich dann zurück, bis ich wieder auffällig werden muß, wenn ich gegen Autismus, mangelnde Anerkennung oder Invektive ansprechen muß, mit Verve und Herzblut. Das ist das, was zwischen den Ohren pocht, wenn sich noch einer, der hier Mitlesenden, daran erinnern kann.
Punkt 13 – sowas von!
Leberfleck-Mem juchhu :)
Die 14 find ich ziemlich heftig.
Schönschönschön, formal und inhaltlich und überhaupt, bitte mehr davon, monatlich vielleicht, müssen ja nicht immer gleich so viele Behauptungen sein. Wir wollen alles wissen, wenn’s so lustig ist. Wegen der Nase und dem Kosewort hab’ ich Google nach Bildern von Dir gebeten, aber nur das hier gefunden.Bist Du wohl eher nicht.
danke, fürs herzhafte lachen. heute morgen.
Punkt Nr. 13: Vollste Zustimmung! Endlich sagt (schreibt) das mal jemand anderes außer mir!
HOCH!interessant.