wie meine artweek war

MONTAG
im atelier. mich rumgeplagt mit nem neuen bild, mal wieder ein portrait meines mannes.
mein mann ist für meine malerei inzwischen das, was früher, zu knetmasse-zeiten, die ratten, kaninchen und tauben waren.

DIENSTAG
weiter am bild gemalt. früh feierabend weil abends gäste zum „whisky-tasting“.
3 whiskys getasted aber mir gedacht, dass ich vorsichtshalber mal nicht „mische“, also nur einen getasted, etwa eine halbe flasche.

MITTWOCH
im atelier auf dem sofa gelegen (auch arbeit).
abends mit dem fahrrad nach mitte (wetter-app hatte 0% regenwahrscheinlichkeit vorausgesagt)
wo ich regen-durchweicht zahllose galerie-eröffnungen aufsuchte.
wegen ungewöhlich hohem hamburger-anteil in der rumsteh-szene vor den galerien gegenüber der volksbühne leichter stimmungsumschwung den meine begleitung kommentierte mit: „du machst gerade einen etwas gestressten eindruck.“

danach eine eröffnung die wie ne golf-club-party aussah. wusste garnicht, dass es solche leute in berlin überhaupt gibt.
das tollste an der ausstellung war die galerie assistentin: 10 cm absätze, minikleid das gerade eben den po bedeckte, push-up BH und platinblonde haare hochgebunden zum pferdeschwanz. fehlten nur die hasenohren. leider hatte ich meinen selfie-stick vergessen, sonst hätte ich um ein foto gebeten.

später berichtete meine begleitung von einem kurzen wortwechsel mit dem galeristen, der ihr anschliessend zugezwinkert hatte. es irritierte sie, dass der galerist vor kurzem offenbar reges interesse an ihren arbeiten gezeigt hatte, inzwischen jedoch nicht mehr.
„woran kann das denn liegen?“
„kann dir egal sein, du willst da eh nicht ausstellen.“

DONNERSTAG
zurück im atelier. bis ca. 17 uhr überlegt, ob ich zur eröffnung der ABC gehen sollte. ein interview mit daniel richter gelesen, in dem der sagt, dass ihm messen zu sehr nach kunstrasen riechen. beschlossen zuhause zu bleiben.

FREITAG
galerien-hopping. diesmal potsdamer strasse.
festgestellt, dass mir ausstellungen tagsüber und in trockenen klamotten mehr spass machen als abends in nass. ausserdem wirkt die deutlich reduzierte anwesenheit anderer ausstellungsbesucher beruhigend auf meinen wegrenn-reflex und durch die steigerung der verweilzeit konnte ich sogar langweiligen arbeiten irgendwas abgewinnen.

SAMSTAG
„arcadia unbound“ (große von 4 künstlerInnen kuratierte gruppenausstellung im funkhaus berlin).
besonders beeindruckt haben mich ausgerechnet 2 videos: „architektura“ von ulu braun und „perfidia“ von eli cortiñas (normalerweise seh ich mir videos garnicht erst an).
ausserdem eine phänommenale bodenarbeit von ingo gerken, den ich auch noch nicht kannte.

was mich nicht so doll umhaute waren die zahllosen neo-moderistischen bunte-alustangen-arbeiten. zu diesem thema hab ich aber hier schonmal was aufgeschrieben und ich will mich auch nicht ständig wiederholen.

andererseits ist das jetzt auch schon wieder 2 jahre her und langsam kommt mir der retro-formalismus vor wie die achziger in der klamotten-mode: er geht nicht mehr weg.

aber ich hab leider noch was auszusetzen. und zwar die selbe sache wie bei ngorongoro, mit dem unterschied dass ngorongoro sich garnicht erst die mühe gemacht hat, ein konzept zu erfinden. stattdessen hatten die gleich die „connegge“ zum kuratorischen konzept erklärt (wobei sie nur vergessen hatten, dass sie auch frauen kennen).

bei arcadia gab es jetzt wieder so ein konzept und das fand ich leider ganz schön an den haaren herbei gezogen.

The concept behind the curatorial project is to establish a dialogue between the selected artists works and the architectural peculiarities of the former broadcasting center.

steht hier

dialog also. nur wo war der denn? ist es schon ein dialog wenn man einfach irgendwas hinstellt oder hinhängt, kunst, die eigentlich für den white cube gemacht wurde, in einen coolen raum?
ich kann mich nur an eine einzige arbeit erinnern, die wirklich ortsbezogen war. keine frage, eine großartige kulisse dieses funkhaus, aber die kunst darin hat sie auch nicht großartiger gemacht.

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nicht, dass mir die hängung nicht gefallen hätte. ich fand sie sehr gelungen. mich nervt nur diese systemkonforme haltung, eine ganze latte prommi-künstlerInnen zu rekrutieren und dann so zu tun, als drehe sich hier was um ein konzept.

alle künstlerInnen wissen, wie gruppenausstellungen zusammengestellt werden. es ist immer eine mischung aus freunden, leuten die man gut findet und leuten, bei denen das egal ist, weil sie prominent sind. alles hat sehr viel mit „eine hand wäscht die andere” zu tun, auch wenn es keiner zugibt.
und ob die arbeiten am ende wirklich was mit dem konzept zu tun haben ist auch piepe, das biegt man schon irgendwie hin.

das war bei arcadia nicht anders als bei ngorongoro: beides eine aneinanderreihung von „marken“. bei arcadia fand ich es nur auffälliger. ein paar der prominenteren positionen hauten hier stilsitisch dermassen raus, dass ich es dem kuratorInnen-team, bei aller sympathie, einfach nicht abnehme, dass sie diese arbeiten gut finden.

versteht mich nicht falsch: ich hab nichts dagegen, dass künstlerInnen strategisch vorgehen und kommerzialität anstreben, letzteres tu ich selber. aber ich glaub nicht, dass dies nur funktionieren kann, indem man dieselben mechanismen bedient wie die sammlung der deutschen bank. auch diese komische tendenz zu mega-events, großen zahlen, großen namen, und großen arealen – das macht die kunst doch nicht besser.

es geht mir auch nicht um schlechte oder schlecht umgesetzte konzepte. konzepte interessieren mich eigentlich garnicht. mir wäre nur sehr daran gelegen, dass wenigstens wir kollegen endlich mal aufhören uns gegenseitig was vorzumachen. vielleicht würde uns allen dann auch klarer werden, dass der kunstbetrieb ein äusserst kunstfeindliches system ist und wenn wir es schaffen könnten, aufzuhören, es zu bedienen, vielleicht würde dann ja sogar die kunst ein bischen besser werden.

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SONNTAG
gegen 18 uhr so zu meinem mann: „ich zieh mich mal um.“
mir den bademantel ausgezogen und mich im nachthemd zurück aufs sofa gelegt.