1992, erstes semester. im arbeitsraum ausgerechnet einer gegenüber sitzend, die keine gelegenheit auslässt, ihr wissen über kunstgeschichte und maltechnik unter die leute zu bringen. beim anblick meiner malerei kann sie nur den kopf schütteln.
mich blockiert das irgendwie. ich hab eh das gefühl, mit der malerei nicht mehr vom fleck zu kommen. es muss etwas anderes geben. ich beschliesse, das malen erstmal auf später verschieben und das feld zu räumen. irgendwo in der fremde neu anzufangen. wieso auf zwei dimensionen beschränken wenn man auch drei haben kann?
ich kaufe ein grossgebinde kernseife.
was im kindergarten gut ist muss auch in einer hochschule funktionieren. ich fange also an, seife zu schnitzen. mit küchenmessern, linolschnittwerkzeugen und nagelfeilen. seifen aller farben, formen und düfte höhle ich aus, durchlöcher sie oder lager sie wochenlang in wasser bis sie aussehen wie versteinerte brötchen.
ich bekleckse sie mit klebstoff und wasch sie solange bis reliefs entstehen. ich sammle schmutzige seifen. alle freunde und verwandte sammeln für mich schmutzige seifen. ich besitze die wohl grösste-schmutzige-seifen sammlung der welt.
mein freund tim thyzel, der mir von jeder reise einen haufen schmutziger seifen mitbringt (die besten stammen aus öffentlichen toiletten), schreibt mir eine karte aus krakau: soeben habe er das krakauer seifemuseum besucht. soviel geschnitzte seife habe er noch nie gesehen!
ein paar wochen später gibt es auch in hamburg ein seifemuseum: meine zwischenprüfung. es handelt sich um eine ausgesprochen wohlriechende prüfung und ich bestehe.