eine ausstellung in venedig

januar

verabredung mit einer sammlerin.
wir besuchen caro, eine gemeinsame freundin, im atelier und die sammlerin erzählt mal wieder von dieser extrem wichtigen ausstellung, die ihr mann, ein maler, die tage in einem der bedeutendsten sammlermuseen venedigs habe, der punta della dogana – und wir müssten selbstverständlich alle kommen! dann könne sie uns auch endlich mal klaus* vorstellen, den new yorker stargaleristen ihres mannes.

es klingt alles nach einem ziemlichen jahrhundert-event: irgendwas zwischen goldener hochzeit, 100stem geburtstag und retrospektive. sowas kann man natürlich schlecht absagen und ich zermartere mir den kopf, wie ich es ihr beibringen kann, dass ich es mir nicht leisten kann.
umso weniger überzeugend, wo sie mir ausgerechnet heute auch noch mitgeteilt hat, dass sie beschlossen habe, mir wieder eine arbeit abzukaufen. sie hatte mir schonmal vor 15 jahren eine abgekauft und jetzt also wieder.

ich nuschle meine bedenken aber trotzdem hervor und die sammlerin so, wie aus der pistole geschossen: “aber jetzt, wo wir dir das bild abkaufen, hast du ja geld!”


februar

flüge und hotel sind gebucht. wir teilen uns zu dritt ein zimmer: caro und ich von donnerstag bis sonntag und ab freitag kommt noch eine andere freundin dazu. ich gebe der sammlerin die termine durch.

ich bekomme zwar keine antwort aber meine nachricht wird als „gelesen“ angezeigt und das reicht ja erstmal.


april

morgen fliegen wir. ich hab seit meiner nachricht im februar nichts von der sammlerin gehört und die arbeit hat sie natürlich auch nicht gekauft.
ich bin am packen, das handy klingelt. caro. sie habe neuigkeiten. die sammlerin habe sich gemeldet und die eröffnung sei wohl doch nicht am samstag sondern sonntag. etwas ungünstig, weil wir dann ja schon weg sind.
aber am samstag gebe es ne preview und previews sind ja auch immer schön.

caro liest mir die etwas verworrene nachricht der sammlerin vor. sie schreibt, sie sei „zeitlich leider etwas eng gestaltet” wegen der veranstaltungen am samstag aber sie hoffe, wir wären auch noch am sonntag da.

caro antwortet, dass wir ja, wie gesagt, am sonntag NICHT mehr in venedig seien und fragt, ob wir zu diesen „veranstaltungen“ am samstag nicht mitkommen könnten.
die antwort der sammlerin: leider sei sie nicht „herr des ablaufs“ (sic).

jetzt schaue ich mir die webseite des museums aber mal genauer an und finde heraus, dass es sich nicht, wie wir annahmen, um eine retrospektive handelt, sondern um eine gruppenausstellung mit 30 teilnehmerInnen.


donnerstag – anreise

um 6 klingelt der wecker. auf dem weg nach schönefeld treffe ich caro. sie hat ebenfalls kaum geschlafen und wir philosophieren ein bischen, ob wir wirklich gerade im begriff sind, nach venedig zu fahren um auf eine ausstellung zu gehen, bei der wir nicht reinkommen.

gegen mittag kommen wir auf der insel an und gehen erstmal ins hotel, die koffer abgeben. wir essen eine überteuerte gummilasagne und machen uns auf den weg, schonmal ein bischen kulturprogramm zu absolvieren. es fängt an zu regnen und ich bekomme halsschmerzen.
nach einem opulenten abendessen auf den hotelbetten ist die stimmung aber entspannt und um 10 schlafen wir schon.

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freitag

heute wieder schön kulturprogramm: palazzo ducale und scuola di san rocco.
danach shopping: caro kauft sich ne winterjacke und ich füge zu der bibliothek aus 2 kilo reiseführern in meiner handtasche nochmal 3 kilo kunstkataloge hinzu.

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obwohl ich mittlerweile davon abrate, die stimmung ist gerade so gut, schreibt caro der sammlerin nachmittags ne nachricht.
die antwort: man könne noch nicht sagen, was man abends machen werde.
später fragt uns die sammlerin doch noch, ob wir uns am nächsten morgen nicht treffen wollten, um was zu unternehmen.
obwohl mir langsam die lust vergeht sagen wir zu.


samstag

jetzt ist auch unsere 3. zimmergenossin da und zwei weitere berliner sind in der stadt, denen ebenfalls gesagt wurde, dass die eröffnung heute sei.

weil wir von der sammlerin nichts hören ziehen wir schonmal los in richtung barock-kirche santa maria della salute. unterwegs schreibt caro der sammlerin, wo sie denn stecken würde und wie es denn nun heute mit der preview sei.

die antwort kommt, als wir gerade in der sakristei stehen, zwischen tintoretto und tizian. sie sei unterwegs, schreibt die sammlerin, und die preview sei „leider nicht öffentlich“.

caro möchte mal jetzt einen moment alleine sein und die andere freundin und ich warten draussen in der sonne. wir sitzen ausgerechnet direkt gegenüber der punta della dogana und können dem verkabelten türsteher im schwarzen anzug dabei zusehen, wie er eingeladenen gästen die tür aufhält.

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später am tag, inzwischen in der accademia, schreibt caro nochmal eine nachricht. eine sehr diplomatisch formulierte, die unsere fassungslosigkeit zum ausdruck bringt.
die antwort der sammlerin: sie fände es schade, dass wir im vorfeld nicht einfach mal angerufen hätten, um besser zu planen.
(damit wäre die schuldfrage also auch geklärt.)

ausserdem schlägt sie vor, die ausstellung morgen früh vor der eröffnung noch schnell bevor wir losfliegen anzusehen, offenbar ist sie da schon für die öffentlichkeit zugänglich.

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sonntag – abreise

wir checken aus und caro und ihre freundin machen sich auf, nochmal auf die andere seite des canal grande um sich die vermaledeite ausstellung anzusehen.
ich schlendere derweil durch die strassen, esse noch ein stück pizza, kaufe noch ein paar hässliche souvenirs und kuck mir nochmal den bellini in der san zaccaria kirche an – denn ich habe beschlossen, dass dies viel besser zu meiner kleinen hübschen kunstreise passt.

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im bus zum flughafen erzählen mir caro und die freundin, dass sie hätten eintritt zahlen sollen, 15 euro pro person, aber caro habe behauptet, sie sei assistentin vom künstler-ehemann der sammlerin und müsse was für ihn abgeben. so kamen sie doch noch umsonst rein.

abends liege ich schon wieder zuhause in berlin im bett und erzähle dem mann neben mir von meiner erfolgreichen reise:
ich bin jetzt tintoretto-fan und wenn ich gute geschichten fürs blog aufschreiben kann bin ich ja eh immer zufrieden.

* name geändert