erwünschter zufall

ich führe meine diplomarbeit in einem kino vor. sie besteht aus zwei teilen: einem händisch erstellten album und einem film, den ich auf grundlage des albums gedreht habe.
in das album habe ich glanzbildchen geklebt, diese kitschigen dinger, die ich als grundschulkind mal gesammelt hatte.
einzelne bunte bögen mit märchenwesen, niedlichen entenküken oder elfen auf geprägtem, manchmal mit glitter besprenkeltem papier.

daraus habe ich das album zusammengebastelt und der prüfungskommission übergeben.

diplomarbeit

den film, den ich zusätzlich zeigen werde, hab ich mit einer superneuen und superteuren software erstellt, die eingescannte albumseiten selbständig randomisieren, neu zusammensetzen und mit schmissiger musik unterlegen kann. ich musste nichts tun, sie nur bezahlen.

zwar hatte ich auch mehrere aufwändige tanzszenen mit ein paar kommilitoninnen gedreht aber das material hat die software leider rausgeschnitten.
und nun sitze ich im kino in der dritten reihe, neben mir die „darstellerinnen“, die auf ihre szenen warten, und ganz vorne sitzen die profs. eine ganze reihe voll, natürlich ausschliesslich männer.

ich bin nervös. nicht nur wegen der nicht mehr vorhandenen tanzszenen sondern hauptsächlich weil ich es meine allererste filmische arbeit ist. bisher war ich malerin, hatte aber keine lust mehr auf malerei und bin zugegeben etwas spät ins film-business umgeschwenkt.

hinzu kommt, dass mir erst jetzt, hier, im kino, eingefallen ist, dass die mir ja hinterher fragen stellen. panisch zische ich meinen sitznachbarinnen zu, was ich denn gleich dazu sagen solle.
eine schlägt vor: „wieso nicht einfach die wahrheit“.

während die ersten bilder über die leinwand flackern überfliege ich innerlich potentielle wahrheiten:
– dass alle künstlerischen entscheidungen von der software übernommen werden ist natürlich so gewollt
– es handelt sich um den sogenannten „erwünschten zufall“
– die software gehört zum konzept

auf einmal stocken die bilder und eine fehlermeldung poppt über dem jetzt eingefrorenen bild auf.

ich fange aber garnicht erst an, zum vorführraum zu rennen und da jetzt planlos herumzuprobieren, sondern beschliesse, den rest des filmes einfach auf meinem laptop vorzuführen.
im dunkeln taste ich nach der tasche zwischen meinen beinen und wühle darin herum, knalle aber in meiner panik beim aufklappen des laptops gegen den deckel und schlage ihm eine ecke aus.
was ist denn das schon wieder für eine scheisse!
es stellt sich raus, dass dieses kack-laptop garnicht aus metall ist sondern aus irgendeiner bröckeligen billigknete!
die mädels müssen mich beruhigen. eine drückt die herausgeschlagene ecke wieder an ihren platz.

am ende finden die professoren den film garnicht mal so scheisse. nur kann ich mich bei der befragung schlecht konzentrieren weil ich immer auf die dicken pfoten des BWL-professors starren muss, der etwas zu enthusiastisch in meinem album herum zuppelt und den engeln die arme ausreisst.

außerdem gehen mir die mädels auf den senkel weil sie sich die ganze zeit versuchen ins gespräch zu bringen, indem sie andeuten, dass die besten szenen ja leider von der software entfernt wurden.

ob ich ne auszeichnung bekommen hab hab ich leider verpasst weil ich aufgewacht bin.
ich schätze aber: ja.