A WIE ATELIER (TEIL II)

(erster teil hier)

1999-2002 ausschläger weg 68

nach dem diplom bezog ich zusammen mit nándor angstenberger, philipp schewe und anna guðjónsdóttir einen raum im dritten stock eines abgehalfterten bürogebäudes, wieder in hammerbrook.
gelochte deckenverkleidungsplatten, summende neonröhren und ein ausblick über die dächer der benachbarten autoumlackierbetriebe – als alte industrieromantikerin hab ich den ort sehr gemocht. mittags gabs cevapcici in der „pantry“: ein chinese spezialisiert auf traditionelle deutsche imbisskost.

katia im ausschläger weg

im ausschläger weg habe ich vorsorglich für 10 jahre im voraus produziert. so machte es auch nichts, dass sich die miete in drei jahren verdoppelte und ich ausziehen musste.

inzwischen sind auch alle anderen ausgezogen. der besitzer hatte einen zahlungskräftigeren mieter gefunden: ein bordell.

ausschlägerweg aus sicht des googlemapsautos
2003-2004 sankt georg und die puppenstube im gängeviertel

es folgte ein kurzes intermezzo in einem sankt georger künstlerhaus. ein von zwei künstlern geleitetes projekt was mich immer ein bischen an das besetzte haus aus sven regeners kleinem bruder erinnert. oder auch an den orwellschen bauernhof.

kaum war ich eingezogen flatterten auch schon erste rechnungen ins haus: für treppenhaussanierung etc. wem das komisch vorkam und wer sich traute, das anzusprechen, der flog raus. bei mir war das nach einer woche der fall. zum glück hatte ich die kartons noch nicht ausgepackt.

ich stand mit meinen sachen quasi auf der strasse als ich auf einer datingplatform im internet einen immobilienhai kennengelernte. er sah gut aus, ich brauchte ein atelier, er hatte eins – da muss man nicht weiter nachdenken.
damals war im gängeviertel noch keine „künstlerbewegung“ im gange. wohnungen und ladenlokale standen leer und mal wieder versuchte ein investor sich einen ganzen stadtteil unter den nagel zu reissen, indem er der stadt was mit kultur vorgaukelte.

um das mit der kultur glaubhaft rüberzubringen hatte er sich mit einer kulturmanagerin zusammengetan, deren kulturmanagende tätigkeit darin bestand, mit wirtschaftsbossen zu telefonieren. ihr problem waren die künstler: sie kannte keine. mein job sollte es sein, ihr welche vorzustellen – im gegenzug überliess man mir ein atelier für lau.

das zusammenbringen von managerin und künstlerkollegen lief so lala. jedem, dem sie die hand gab, machte sie als erstes klar: ohne ihre zustimmung laufe in diesem vierzel schonmal garnichts! sie hatte dafür extra einen kunstverein und eine galerie gegründet und jede künstlerische betätigung im viertel habe ab sofort unter diesen namen zu laufen, ihren namen.

als ich in das atelier einzog gab es nebenan noch eine kleine künstlergruppe: vier jungs die hauptsächlich in streetart machten und in parties. das missfiel der managerin. sowieso könne sie den raum selbst gut gebrauchen – ein paar wochen später hatte ich eine neue nachbarin.

dass ich irgendwann überhaupt nicht mehr ins atelier ging hatte aber noch einen anderen grund: es gab mal wieder kein klo. ich hatte gehofft, dass die anwesenheit meiner nachbarin vielleicht zu einer temporären verstopfung führen könnte, leider war das gegenteil der fall. kaum stiess ich im atelier die tür auf musste ich mal.

der vorschlag des investors, doch die toilette der managerin mitzubenutzen, war da wenig hilfreich. ich fuhr stattdessen lieber nach hause und blieb dann gleich ganz da.

die kündigung erhielt ich per post. angeblich wegen sanierungsarbeiten. ein paar wochen nach meinem auszug sah das atelier zwar noch aus wie vorher, hatte aber eine neue mieterin (die kulturfrau brauchte noch eine filiale).

in diesem einen jahr habe ich sage und schreibe 2 arbeiten fertig bekommen (eine davon war deko fürs schaufenster).

jens förster portrait und pickelkönigin auf der fensterbank in der puppenstube

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