A wie Atelier (Teil I)

meine ateliers

1993-1995 naturdarmfabrik wendenstraße 45, hammerbrook

um an der hochschule einen arbeitsplatz zu ergattern musste man sich als erstes aus einem pool von männern im präklimakterium einen prof aussuchen und regelmässig zu dessen audienzen erscheinen. das fiel schonmal nicht leicht, weil kaum einer der zur auswahl stehenden wirklich interessant war. dann musste man regelmässig die eigenen arbeiten vorzeigen und darauf hoffen, nicht allzu schlimm beleidigt zu werden und stattdessen irgendwie interesse zu erregen. als frau war es ausserdem noch von vorteil gut auszusehen. hatte man dies alles abgehakt konnte man einen tisch beziehen.

zwei semester hatte ich mich soweit vorgearbeitet, da tauchte plötzlich noch ein kriterium auf, was ich übersehen hatte: die klasse. der prof fand, die klasse solle entscheiden. im prinzip ginge es in ordnung, befand die klasse, zum arbeiten sei aber gerade kein platz.
so kam ich in die wendenstrasse.

atelier wendenstrasse 45

ausserhalb der hochschul-hierarchie zu arbeiten entpuppte sich als garnicht so verkehrt. die fabriketage in die ich zog hatte eine riesenhafte eingangshalle, ideale bedingen um parties zu feiern.
man hätte sogar die miete mit den parties subventionieren können – da kamen am abend locker 200 leute – dass wir das nie schafften lag daran, dass wir das meiste selber soffen.

was die parties dafür ranspülten waren gutaussehende männer. ein weiterer vorteil gegenüber der hochschule: im fachbereich freie kunst gab es die nämlich nicht.

pillerbar wendenstraße

1995-1999 bildhauerwerkstatt der hfbk

die bildhauerwerkstatt war eigens von den architekten der hochschule erbaut worden. mit wänden komplett aus glas. warscheinlich dachte man, dass bildhauer eh keine wände brauchen. ausserdem hatte man vergessen, heizungen einzubauen, warscheinlich wegen der fehlenden wände. und da der glaskasten obendrein eine ca. 5 meter hohe decke hatte wurde es im winter darin so kalt dass wir tag und nacht 10 elektro-radiatoren laufen liessen (was wieder für die hochschule spricht: man muss die stromrechnung nicht selbst bezahlen).

die werkstatt lag in einem schattigen, menschenleeren hinterhof, direkt angrenzend an einen bolzplatz. bei dunkelheit erstrahlte die werkstatt wie eine riesiger leuchtkörper, von aussen komplett einsehbar. von innen dagegen war die aussicht schwarz, weil der hinterhof nicht beleuchtet wurde.

einmal beschloss ich, in der bildhauerwerkstatt zu übernachten. es war um weihnachten herum und ich bastelte an meinem diplom.
ich hätte durchmachen können, das war damals in der hochschule üblich, allerdings war mir die beleuchtungssituation der werkstatt nicht geheuer. also beschloss ich, die nacht einfach schlafend hinter mich zu bringen und morgens früh weiter zu arbeiten.

ich schlief keine minute. sobald ich das licht ausschaltete fing es draussen im hof verdächtig an zu knacken und sobald ich es wieder anwarf hörte es auf. ich beschloss, das licht die ganze nacht anzulassen und legte mich so flach wie möglich auf den boden, um nicht gesehen zu werden. gegen den hunger hatte ich kekse eingepackt, die konnte ich allerdings nichts essen, weil die packung so laut knisterte, dass ich befürchtete, aufzufliegen.
ich trank stattdessen einen liter cola, ein fehler: die bildhauerwerkstatt hatte auch kein klo.

ich finde, das sieht man den arbeiten, die ich dort nebenbei gemacht habe, irgendwie auch an.

2. teil