berlin

ich wollte immer nach berlin. als kind war ich großer fan eines langhaarigen onkels, der sich in den siebzigern in seine ente gesetzt hatte und von hamburg nach berlin gezogen war, um nicht zum militär zu müssen. jedes weihnachten kam der onkel in besagter ente vorbei und jedes weihnachten fuhr er darin mit meiner schwester und mir einmal um den block.
das besondere an dieser ente war der beifahrersitz. der war dermassen zugemüllt mit alten joghurtbechern, bonbontüten und eisbechern, dass man ihn nicht mehr benutzen konnte. und auf der ablage sammelte mein onkel strafzettel.

mein vater konnte nicht so mit meinem onkel. mein vater ist jemand der für zucht und ordnung ist und mein onkel galt wohl als eher unordentlich. ausserdem studierte er noch mit über 30.

als teenager besuchte ich meinen onkel in berlin. inzwischen gab es auch eine dazugehörige tante, zwei katzen und ein baby.
als erstes fuhren wir zum ku-damm, eis holen. ich wartete im auto und mein onkel holte eis, was nicht in kugeln portioniert wurde, sondern mit einem grossen spachtel in becher reingeschmiert. die becher waren gross wie putzeimer und ich bekam einen eigenen putzeimer voll eis.

in der kleinstadt aus der ich kam, galt man schon als punk, wenn man ein loch in der jeans hatte. für berlin hatte ich mir einen leberwurstfarbenen anzug mit weissen pünktchen eingepackt. ich trug dazu eine lila feder im toupierten haar und extralange ohrringe. in diesem outfit schob ich den kinderwagen meiner cousine über den ku-damm, das portemonnaie meiner tante in der tasche, zu einem schreibwarenladen wo ich mir teure aquarellfarben kaufen durfte. dabei kam mir vor wie ein reicher filmstar der aquarelle malt und sehr jung mutter geworden war.

berlin ist für mich immer ein ort geblieben, an dem man im kackwurstfarbenem anzug mit weissen pünktchen und feder im haar durchaus angemessen gekleidet ist.